
DOKTOR ALICI
Das Stück „Professor Bernhardi“ von Arthur Schnitzler gibt ein realitätsgetreues
Abbild der universitären, politischen und krankenhausinternen
Intrigen der Zeit um die Jahrhundertwende. Im Zentrum steht
dabei der erstarkende Antisemitismus, welcher von zahlreichen Widersachern
des Protagonisten Professor Bernhardi, der jüdischen Glaubens
ist, ausgenutzt wird, um ihren karrieristischen Zielen nachzugehen. Die
katholische Religion dient ihnen dabei lediglich zur Verschleierung ihres
skrupellosen und egoistischen Handelns. Schnitzler verhandelt in „Professor
Bernhardi“ einen Kampf zwischen Aufklärung, Rationalität und
Dogmatismus und stellt die Frage nach der Möglichkeit „das Richtige zu
tun“ in den Vordergrund.
Olga Bach greift in ihrem Stück „Doktor Alıcı“ die Konflikte und Fragen
Arthur Schnitzlers auf und übersetzt sie in die Gegenwart. Wo verlaufen
heute die Konfliktlinien zwischen Ethik und Politik? Wie weit sind Menschen
bereit für ihre Karriere zu gehen? Und wie wirken sich Entscheidungen,
die heute getroffen werden, auf die Zukunft aus? Mit skurrilen
Figuren und einem dystopischen Setting wirft sie einen kritischen Blick
auf unsere Gegenwart. Das Krankenhaus wird zum Polizeipräsidium
und Professor Bernhardi zu Doktor Alıcı. Ein Mann wird zur Frau, das
Judentum wird zum Islam. Die Konflikte verlaufen nicht gleich, genau so
wenig wie sich die Vergangenheit wiederholt – aber die schleichende Veränderung
des menschlichen Zusammenlebens und Zusammenarbeitens,
die subtilen Mechanismen, mit denen Rassismus gesellschaftsfähig wird
und die Korruption des Politikbetriebs finden ihr zeitgenössisches Pendant
in „Doktor Alıcı“. Und das im Bayern des Jahres 2023. Zwei Monate
vor der Bayerischen Landtagswahl. Inszenieren wird Ersan Mondtag,
der bereits mehrmals mit Olga Bach zusammengearbeitet hat – an den
Münchner Kammerspielen nun bereits zum zweiten Mal – und dessen
Inszenierungen „Tyrannis“ und „Die Vernichtung“ (ebenfalls von Olga
Bach), zum Berliner Theatertreffen eingeladen waren.
Hinweis: Scrollen Sie bis zum Ende der Seite, um das Abendprogramm als PDF zu finden.
Uraufführung am 24. Januar 2019
„[Ersan Mondtag] versucht durch betonte Künstlichkeit und eine extreme Langsamkeit in den Sätzen und Bewegungen so eine Hitchcock-typische „Spiritual Mystery“ zu erzeugen – wozu besonders auch die düster dräuende, aufreizende Suggestivmusik von Diana Syrse beiträgt.“ (Süddeutsche Zeitung - Christine Dössel)
„Der Regisseur Ersan Mondtag erspart einem den Spott vom kabarettistischen Wühltisch. Hinter dem Schmuckvorhang befindet sich ein Bayern, das im provinziellen Mittleren Westen der USA angesiedelt ist und dem Film Noir entsprang (Bühne: Nina Peller). Wenn es nicht regnet, schreien Käuzchen und kopulierende Eichhörnchen zur dräuenden Bläsermusik von Diana Syrse. Das alles bricht eine puppentheaterhafte Stimmung noch weiter, die sehr raffiniert an Meyerhold und das groteske russische Theater der 1920er Jahre erinnert (Kostüme: Theresa Vergho).“ (Abendzeitung München - Robert Braunmüller)
„Bach behält Schnitzlers Szenenfolge und schnorrt sich einige Kernsätze („Gehen Sie als Feind. Es ist die ehrlichere Rolle“), übersetzt sie aber – provoziert durch die bayrische Tagespolitik um das Polizeiaufgabengesetz, um Kruzifix-Debatte, Kennzeichnungspflicht, Unendlichkeitsgewahrsam oder Gendersternchen – in eine derbe Groteske, in der es an politischen Fettnäpfchen, also auch an zitierten Floskeln und satirischen Rundumschlägen nicht mangelt.“ (FAZ – Teresa Grenzmann)













